Mehr als 100.000 Kurden leben in Österreich. Organisiert sind sie in Vereinen, Kulturzentren oder entlang der Parteien in ihrer alten Heimat
In Österreich leben nach übereinstimmenden Schätzungen etwa 100.000 Kurden – und es werden mehr. Zuletzt flüchteten verstärkt Kurden aus dem Irak und aus Syrien vor den Kampfhandlungen mit der Terrormiliz IS nach Österreich. Den größten Anteil, nämlich etwa 80 Prozent, stellen aber Kurden aus der Türkei. Viele von ihnen sind über Feykom, den Verband der Kurdischen Vereine in Österreich, organisiert. Aus dem Naheverhältnis zur PKK, der verbotenen und als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans, macht dort kaum jemand ein Geheimnis. Insgesamt könne man in Österreich auf etwa 15.000 Sympathisanten zählen, sagt ein Sprecher der Organisation. Auch syrische Kurden sind über die PYD, die Partei der Demokratischen Union, im Dachverband organisiert.
Wenn Feykom zu einer Veranstaltung mobilisiert, kommen bis zu 5000 Kurden. Dann werden auch Fahnen und Transparente mit dem Abbild von Abdullah Öcalan mitgebracht, dem Gründer und in der Türkei seit 1999 inhaftierten Führer der PKK – wie zuletzt bei den Solidaritätskundgebungen vergangene Woche in Wien und anderen Städten für die unter Beschuss stehende kurdische Stadt Kobanê im Norden Syriens.
Aleviten und Sunniten
Was die religiöse Zugehörigkeit betrifft, gibt es nur grobe Schätzungen. Mehr als die Hälfte der Kurden in Österreich werden dem sunnitischen Islam zugerechnet, ein Drittel dürften Aleviten sein. Die Aleviten sind über mehrere Vereine und zum Teil konkurrenzierende Kulturzentren organisiert. Für die moslemischen Kurden gibt es nur in Wien-Fünfhaus und in Graz eigene Moscheen, sonst besuchen gläubige Kurden türkische oder arabische Moscheen. Eine Minderheit stellen jedenfalls die Jesiden aus Syrien und dem Irak dar, die zuletzt gezielt von der Terrormiliz IS verfolgt wurden.
Die zweitstärkste Gruppe nach dem Herkunftsland sind die irakischen Kurden, die seit Jahrzehnten gute Beziehungen zu Österreich pflegen. Masud Barzani, Vorsitzender der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und seit 2005 Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, ist regelmäßig auch privat in Österreich zu Gast. Er pflegt gute Beziehungen zu Staatspräsident Heinz Fischer und anderen hochrangigen Politikern. In Wien gibt es seit 2012 eine offizielle Vertretung der Regionalregierung Kurdistan-Irak, die den Charakter eines Konsulats hat.
Mordanschlag
Auch iranische Kurden sind in Wien seit jeher gut verankert. Das an sich gute Verhältnis wurde allerdings 1989 schwer erschüttert, als der Chef der Kurdischen Demokratischen Partei, Abdul Rahman Ghassemlou, sein Stellvertreter und ein weiterer Kurde bei einem Geheimtreffen mit Emissären der Teheraner Führung in einer Wiener Privatwohnung ermordet wurden. Die Tatverdächtigen tauchten erst in der iranischen Botschaft unter und konnten schließlich unbehelligt ausreisen.
Die Politik in Wien entdeckt immer wieder ihr Herz für das Anliegen der Kurden. Am Montag haben SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder und die kurdischstämmige Abgeordnete der Grünen, Berivan Aslan, angekündigt, Ende Oktober gemeinsam in die türkische Grenzregion nahe Kobanê zu reisen, um sich dort auch über das Flüchtlingsdrama selbst ein Bild zu machen.
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